Auf diese Kompetenzen kommt es an

Jakob Ilg vom CyberForum e.V. spricht mit Marco Baumgartner von der Hochschule Karlsruhe über Future Skills.

8. Dezember 2022
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI), Demographischer Wandel oder Nachhaltigkeit, das sind Megatrends, die unseren Arbeitsalltag bestimmen. Hier auf dem aktuellen Stand zu bleiben und aktuelle Herausforderungen zu erkennen, wird immer komplizierter. Denn mit diesen Megatrends ändern sich auch Profile und erforderliche Kompetenzen oder Rollen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Aber worauf kommt es eigentlich in der Zukunft an?

Unternehmen sind stets mit neuen Technologien und Herausforderungen konfrontiert, was ist bei KI so viel anders?

Ich sehe im Kern drei zentrale Punkte. Zunächst ist der Begriff „Künstliche Intelligenz“ bisher nicht gut definiert, obwohl ich hier eine große Notwendigkeit sehe. Der Begriff ist bisher weit gefasst und tritt in unterschiedlichsten Erscheinungen auf. KI ist erstmal immateriell und damit auch nicht greifbar. Ein zweiter Punkt wäre für mich, dass KI-Systeme anhand von Daten sich selbstständig verändern, und das geschieht in der Regel auch nicht transparent. Da wird häufig von einer Black Box gesprochen. Der dritte Punkt wäre für mich, dass die öffentliche Debatte zu dem Thema aktuell auch sehr aufgeladen ist.

Was die drei Punkte für Unternehmen bedeuten, ist schwierig zu überprüfen. Die Frage, ob man bereit für KI ist, hängt von vielen Fragen ab. Ist man vorbereitet für den Wandel? Welche KI-Technologien eignen sich denn überhaupt für welchen Anwendungsfall? Welche Fachleute brauche ich dafür? Außerdem ist das Thema der fehlenden Transparenz oder der „Black Box“ relevant. Man kennt das aus dem privaten Kontext. Wenn ich zum Beispiel eine Google-Suche denke, dann weiß ich nicht, warum der Google-Algorithmus mir bestimmte Ergebnisse vorschlägt. Das muss ich vielleicht auch nicht wissen, aber es kann bei geschäftsrelevanten Entscheidungen schon wichtiger werden zu prüfen, wie valide so ein KI-basierter Vorschlag ist.

Gibt es Möglichkeiten KI transparent zu gestalten und die Black Box zu umgehen?

Es gibt dort zwar Ansätze, das Zustandekommen von Vorschlägen transparenter zu gestalten. Hier spricht man von erklärbarer KI, das ist aber technisch aktuell sehr anspruchsvoll und der Lösungsweg kann natürlich auch nur in vereinfachter Form dargestellt werden. Die erklärbare KI ist jedoch besonders relevant, wenn es zur Interaktion zwischen Menschen in Unternehmen und der KI kommt. Dies führt mich zum letzten Punkt, der öffentlichen Brisanz und damit einhergehend auch die Erwartungen, die an KI-Systeme miteinhergehen.

Je nachdem welches Bild Mitarbeitende von KI haben, können Erwartungen zu hoch sein, da kann es auch zu Frustration kommen, wenn die KI-Performance deutlich schlechter ausfällt. Deshalb ist es bei der KI-Einführung besonders wichtig, noch wichtiger als bei anderen Technologien, die Mitarbeitenden richtig darüber zu informieren, sie entsprechend einzulernen und die Ziele der KI-Einführung transparent zu kommunizieren, sowie die Mitarbeitenden bei der Ausgestaltung mitbestimmen zu lassen.

Das Thema Erwartungshaltung ist natürlich auch für Führungspersonen wichtig. Führungspersonen versprechen sich häufig aufgrund der öffentlichen Debatte die eierlegende Wollmilchsau, sind dann aber enttäuscht, weil die Möglichkeiten von KI aktuell noch begrenzt sind und die Hindernisse sehr hoch, wenn es zum Beispiel um die Bereitstellung von validen Daten geht.

Beschäftigte müssen sich in vielen unterschiedlichen Bereichen mit KI in Zukunft auseinandersetzen. Wenn Betroffene zu Beteiligten werden sollen, auf welche Kompetenzen kommt es zukünftig an? Was müssen Beschäftigte lernen und welche Kompetenzen sind in Zukunft gefragt?

In der Forschung betrachten wir unterschiedliche Phasen. Die Phase vor der Einführung, die Phase während und nach der Einführung. In den Phasen haben wir verschiedene Arten von Kompetenzen identifiziert. Dies sind KI-spezifische Kompetenzen, die wirklich einen direkten Zusammenhang zu KI haben. Es gibt aber auch das Feld der Führungs- und Moderationskompetenzen, um diesen Wandel begleiten zu können und die Mitarbeitenden entsprechend mitzunehmen. Außerdem haben wir die Kompetenzen, um KI im täglichen Umfeld zu nutzen. Das adressiert in letzter Linie auch die Anwenderinnen und Anwender. Hinzu kommen grundlegende Kompetenzen, insbesondere im Projektteam, um KI-Projekte richtig abwickeln zu können. Daraus haben wir eine Liste mit cirka 30 Kompetenzen identifiziert. Der Großteil dieser Kompetenzen ist eher nicht technischer Natur.

Anwenderunternehmen entwickeln KI-Lösungen aktuell noch nicht selbst. Das Knowhow wird von externen Dienstleistern geholt. Deshalb glauben wir aktuell ist es eher wichtig, dass man grade auf der Entscheidungsebene, aber auch im Unternehmen selbst ein Grundverständnis entwickelt und Grundwissen von KI aufbaut, damit man die Thematik richtig einschätzen kann.

Was aus unserer Forschung sich jetzt auch sehr relevant geworden ist, ist das Thema von Vermittlungskompetenzen. Es braucht Personen, die verschiedene Parteien interdisziplinär zusammenbringen können, die auch insbesondere die zukünftigen Anwenderinnen und Anwendern bei der Formulierung von konkreten Anforderungen an das KI-System mit an Bord holen. Die dafür sorgen, dass man einen einheitlichen Wortschatz entwickelt, wenn man über das Thema spricht.

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